Marseille. Die Stadt, vor der mich meine Eltern früher immer gewarnt haben. Zweimal hat der Olympique Marseille verloren, während ich da war. Trotzdem war Marseille mitsamt seiner Einwohner so verdammt gut zu mir.
Fischmarkt am Morgen, Bouillabaisse zu Mittag und Pastis am Abend. Hé Madame La Poissonière, mit wieviel Style kann man Fisch verkaufen? Chapeau! Daydrinking im Hafen, das schönste Hotel direkt am Vieux Port, Le Panier mit hippen Nachhaltigkeitsboutiquen und brennendem Müll Seite an Seite.
Die Brioches bei Lévon zum Niederknien – don‘t call it Berliner. Monovarietäts-Grand-Cru-Kaffee, gelevelt, getampt und aus einer vorgewärmten Brühgruppe bei 7VB. Meeresfrüchte mit Linguine (ja, so rum und nicht anders) bei Casa Nova, der Chef beau gosse zum Spontanovulieren, sein Cousin super herzlich.
Rémy, der Kumpel des Patrons der Bar La Caravelle, der mir einen Abend lang sämtliche denkbaren Pastis-Mischgetränke bis hin zum Gasoil ausgibt und am Ende seine Zigarette im Erdnuss-Schälchen ausdrückt. Der Mann mit dem OM-Schal, der zu den Melodien des historischen Karussells an der Canebière tanzt und laut mitsingt:
„Et si tu n’existais pas…
Je crois que je l’aurais trouvé
Le secret de la vie, le pourquoi
Simplement pour te créer
Et pour te regarder“
Das alles immer unter dem wachsamen Blick von La Bonne Mère (Notre Dame de la Garde). Noch mehr neoromanisch-byzantinische Ästhetik bietet die andere Muddi, La Major (Cathédrale Sainte-Marie-Majeure).
Marseille, je t‘aime. Bruxelles, tant pis pour toi.
Marseille – die gefährlichste Stadt Frankreichs?
Soweit eine erste impressionistische Skizze. Aber der Reihe nach. Obwohl ich Jahre meines Lebens in Frankreich verbracht habe, habe ich niemals die Bekanntschaft dieser stolzen Stadt gemacht. Marseille kannte ich nur vom Hörensagen. Ich war 8 oder 9 Jahre alt und saß bei meinen Eltern hinten im Auto. Wir waren unterwegs auf der Départementale 559. „Karl-Heinz, nicht weiter geradeaus! Da geht es nach Marseille (unterschwelliger Alarm in der Stimme meiner Mutter). Fahr die nächste Abfahrt raus, nach Cassis“.
Marseille, das Mordor meiner Kindheit. Und ein bisschen was ist dran. Zusammen mit Nantes teilt es sich den Status der französischen Stadt mit der höchsten Kriminalitätsrate. Rivalisierende Banden, Drogenkriege, Unterweltbosse. Aber man weiß ja, was Verbote bei Kindern bewirken.
Und hier bin ich – zurück aus Marseille, begeistert, unverletzt und um keinen Cent ärmer. Bis auf das Geld, das ich in diverse Restaurants, Cafés und Hotels getragen habe. Ok, also sehr viel ärmer.
Man sollte sich vorher einfach gut informieren, wo man seine Füße gefahrlos hinsetzen kann und wo nicht. Rund um den Vieux Port und an üblichen Touri-Hotspots ist man ziemlich sicher.
Außerdem habe ich einen Trick – aber vielleicht war es auch nur Glück? Der Trick geht jedenfalls so: Immer, wenn ich doch mal in einer zwielichtigen Gegend gelandet bin und mir gefährlich aussehende Menschen zu nahe gekommen sind, habe ich meine „Queen of fucking everything“-Attitüde ausgepackt. Sonnenbrille auf, arrogantes Pokerface, sicherer Schritt. In meinem Kopf sowas wie: „Der ganz Bums gehört mir“, „Mal gucken, ob meine Unterweltbosse ihre Arbeit auch gut machen“ und „Ich mach euch alle kalt“. Sämtliche Höllenhunde sind mir ehrerbietig ausgewichen und wenn Kommentare kamen, habe ich diese durchaus als freundlich und respektvoll empfunden.
Hintergrund meiner Reise nach Marseille, An- und Abfahrt
Hintergrund meiner Reise war eine Einladung meines Kunden Vins de Provence zum Salon „Vins de Provence Expériences“. Dazu werde ich einen gesonderten Beitrag für alle Wein-Interessierten verfassen, sonst ufert das hier zu sehr aus. An die beiden Messetage habe ich vorne und hinten jeweils einen Tag zum Spielen drangehängt. Die An- und Abreise war super unkompliziert mit dem TGV. Es gibt eine durchgehende Verbindung Marseille – Mannheim, das dauert ziemlich genau 7 Stunden. Ist aber immer schnell ausgebucht. Dann muss man in Paris umsteigen, was auch nett ist.
Hotel in Marseille: Maisons du Monde Hôtel & Suites
Nach etwas Recherche habe ich mich für das Maisons du Monde Hotel direkt am Vieux Port entschieden. Bestimmt kennt ihr die Möbelhäuser, die es mittlerweile auch vermehrt in Deutschland gibt. Dazu existiert nun auch eine Hotelkette in Frankreich, mit bisher drei Standorten in Nantes, La Rochelle und eben Marseille. Natürlich ist das Hotel mit Produkten der Marke eingerichtet. Überaus stylisch. Tipp: Wenn man schon in Marseille am Vieux Port wohnt, kann man den Aufpreis für ein Zimmer mit Hafenblick auch noch abdrücken. Lohnt sich so sehr!
Das Zimmer war im Jungle-Style eingerichtet mit einer großen Urwaldtapete. Nicht, dass ich sowas zu Hause ertragen könnte, aber im Hotel finde ich es mal sehr cool. Das Badezimmer hätte dagegen fast von mir sein können. Wer mein Bad gerade nicht vor Augen hat, scrollt hier mal nach unten.
Der Tee auf den Zimmern ist von einer meiner Lieblingsmarken, Dammann Frères. Leider wird er nicht aufgefüllt.
Aus Frühstückssaal und Lobby haben die gelernten Interior Stylists das Maximum herausgeholt. Auch das Frühstücksbuffet, überaus nice. Selbst gebackene Kuchen und Viennoiseries, frisches Obst, hausgemachtes Granola, verschiedenste Käse, eingelegte Gemüse, Joghurts vom Bauernhof und auf Wunsch bekommt man Eierspezialitäten frisch zubereitet. Das war immer eine gute Grundlage für den vielen Roséwein, den ich an zwei Tagen drübergekippt habe.
Fischmarkt am Vieux Port in Marseille
Ok, laufen wir mal los. Wenn man aus dem Hotel tritt, steht man direkt am Alten Hafen, der als langgezogenes Rechteck in die Stadt ragt und dessen drei Ufer mit verschiedensten Restaurants, Bistros, Cafés und Geschäften gesäumt sind. An der Stirnseite steht ein großes, fest installiertes Sonnensegel aus verspiegeltem Metall, die Ombrière von Norman Foster. Außerdem findet dort der Fischmarkt statt. Hier gibt es all die kleinen Felsenfische für die ortstypische Fischsuppe, die Bouillabaisse, zu kaufen: Rascasses (Drachenköpfe), Rougets (Rotbarben), Grondins (Knurrhähne), Galinettes…
Und die eingangs erwähnte Fischfrau: Geh bitte, mit wieviel Stil kann man Fisch verkaufen? Die Handschuhe passen zur Mütze, der Lippenstift – impec.
Bouillabaisse bei Paulette am Vieux Port in Marseille
Genug Sehenswürdigkeiten. Hungeeerr. Also hop, suchen wir uns eines der Lokale für eine gute Bouillabaisse aus. Empfehlenswert sind Chez Madie La Galinette, Chez Fonfon oder eben Paulette. Macht euch keine Illusionen, für eine gute Bouillabaisse legt man am Marseiller Hafen stabile 35 – 60 Euro hin. Finde ich aber ok, wenn man bedenkt, dass da lokal gefangene Fische drin sind, die keine unendliche Ressource darstellen. Außerdem zahlt man mit: Auf blau-weißen Bistrostühlen in der Sonne sitzen mit Blick auf den Hafen, gechilltes Daydrinking mit Roséwein aus der Provence, le temps est bon, le ciel est bleu, la vie est belle. Irgendwo hat man immer eine französische Flagge im Blickfeld. Die Sonne scheint warm ins Gesicht, die Möwen kacken schon mal in den Rosé.
Was habe ich diese Bouillabaisse genossen. Es hätte vielleicht etwas mehr Fisch drin sein können, die Rouille war eher Aioli, aber ich bin garantiert nicht der Typ, der meckert, wenn er in Marseille am Hafen in der Sonne sitzt.
Oder lieber Pasta mit Meeresfrüchten im Casa Nova Marseille?
Ja, ich gehe nur in Lokale mit blau-weißen Stühlen. Ihr nicht? An meinem anderen Spieltag war ich mittags im Casa Nova am nördlichen Ufer des Hafens. Das musste sein, nachdem ich in einem Café in einem Lookbook über Marseille geblättert hatte, in dem das Casa Nova portraitiert war. Dort war auch der Chef abgebildet, eine absolute Sahneschnitte. Genau, die eingangs erwähnte Spontanovulation.
Der Mann ist nicht nur ein beau gosse vor dem Herrn, sondern macht auch vorzügliche Linguine mit Meeresfrüchten. Neben anderen Fisch- und Fleischgerichten, Salaten, Burgern, Suppen und Desserts. Ich hatte ein bisschen Gabriel-Vibes. Wer „Emily in Paris“ gesehen hat, weiß, was ich meine. Richtig gut unterhalten habe ich mich dann aber mit seinem Cousin, der mir einen Limoncello aufs Haus ausgegeben hat.
Bootsfahrten zu den Inseln und den Calanques
Gut, jetzt können wir wieder ein bisschen Sightseeing vertragen. Vom Vieux Port aus fahren täglich mehrere Ausflugsschiffe zu den berühmten Calanques, einem zerklüfteten Küstenabschnitt mit türkisblau glitzerndem Wasser, und den Inseln vor Marseille. Das Frioul-Archipel besteht aus den Inseln Pomègues, Ratonneau, Tiboulen und If. Die Gefängnisinsel mit dem Château d’If ist vielleicht einigen ein Begriff, zum Beispiel aus dem Roman „Der Graf von Monte Christo“ von Alexandre Dumas.
Tipp: Holt euch den Marseille City Pass, den es für 24, 48 oder 72 Stunden (29 Euro, 39 Euro, 47 Euro) gibt. Damit könnt ihr sämtliche Busse und Sightseeingbusse, Bahnen, Schiffe und den Petit Train nutzen und habt kostenlosen Eintritt in die Museen sowie Rabatte in Geschäften.
Das MuCEM Museum Marseille
Mit dem City Pass kommt ihr also kostenlos in das wohl bekannteste Museum von Marseille, das MuCEM – Museum der Zivilisationen Europas und des Mittelmeers. Es ist ebenfalls am Nordufer des Vieux Port gelegen, ihr müsst also nur vom Paulette oder Casa Nova aus ein paar Schritte in Richtung Öffnung des Hafenbeckens / Meer gehen.
Aber ganz ehrlich? Es ist ein blöder Ort. Sehr ästhetisch ist natürlich das Netz aus durchbrochenem Beton, das Architekt Rudy Ricciotti wie eine zweite Haut um das Museum gebaut hat. Aber die Ausstellungen selbst haben mich gar nicht gekickt. Wütende Klecksereien einer Ghada Amer, och nö.
Noch garstiger ist allerdings das vorgelagerte historische Fort St. Jean, eigentlich schön ausgebaut mit Gärten, Treppchen und verwinkelten Gassen. Allerdings so verwinkelt, dass ich den Weg hinaus nicht mehr gefunden habe. Ich bin nicht völlig dumm, aber ich habe ungelogen eine halbe Stunde den Ausgang gesucht und bin nur immer an denselben Gassen und Treppchen vorbeigekommen. Wie in einem Alptraum. Dabei musste ich den Ausgang unbedingt wiederfinden, dort hatte ich nämlich den Pastis, den ich vorher für meinen Dad gekauft hatte, abgeben müssen! Ich war also in schwerer Sorge um den Pastis und wollte meine eh schon knapp bemessene Zeit nicht in dem langweiligen Museum verlieren. Einer anderen Besucherin ging es genauso. Schlussendlich hat tatsächlich ihr kleiner Sohn den Ausgang für uns gefunden.
Pastis Maison Janot
Das ist der Pastis, um den ich solche Angst hatte: der Pastis Bleu und der Pastis Bio von Maison Janot. Der kräuterige Anisschnaps ist in Marseille und überhaupt im Süden Frankreichs Pflicht. Das von den Marseillais zu jeder Tageszeit eingenommene Getränk ist ein ausgestreckter Mittelfinger an die dauerproduktive Leistungsgesellschaft. Man gibt etwas davon in ein hohes Glas und gießt die Spirituose mit reinem Wasser auf. Dadurch wird sie milchig-trüb. Üblich sind ein paar Eiswürfel darin.
Geschmacklich ähnlich wie Ouzo. Ich kann nicht einmal sagen, ob mir Pastis wirklich so lecker schmeckt, aber es ist einfach ein Lifestyle. Und ich verbinde es mit meinem Dad. Er kennt alle Marken. Immer, wenn meine Mum nervt, geht er in die Garage und trinkt einen Pastis. Also oft. Und wie oft haben mein Dad und ich zusammen zum Apéro einen Pastis getrunken. Sein Lieblingspastis ist Henri Bardouin, aber zur Abwechslung hatte ich ihm mal Janot gekauft. Und erfolgreich aus den Klauen des Museumswächters gerettet.
Die Altstadt von Marseille: das Viertel „Le Panier“
Wenn wir schon bei Pastis Janot sind, sind wir auch schon fast im Herzen der Altstadt von Marseille. Das berühmte Viertel „Le Panier“, was soviel bedeutet wie Korb oder Einkaufskorb, liegt hinter dem Nordufer des alten Hafens. Häuser in allen Farben des Südens mit bunten Fensterläden reihen sich aneinander, dazwischen kleine Geschäfte wie aus dem Bilderbuch, Bars und Bistros. „Le Panier“ ist ambivalent. Einerseits hat die woke Hipsterkultur sich den Ort zu eigen gemacht und verkauft handgeklöppelte, nachhaltige Bambusgegenstände von aufstrebenden Jungdesignern in hochpreisigen Boutiquen. Intellektuelle Aussteiger und Künstler haben das Viertel mit Street Art, bunten Blumenkübeln und allerlei künstlerischen Installationen dekoriert.
Andererseits trifft man immer wieder auf unhipsterisierte Gassen, in denen der herumliegende Müll brennt und mit Drogen gedealt wird. Etwas mit Vorsicht bzw. mit Königin-der-Unterwelt-Attitüde zu genießen.
Le Petit Train de Marseille und Notre Dame de la Garde
Ein bisschen niedlicher ist der Sightseeing-Zug „Le Petit Train de Marseille“. Ihr ahnt es, mit dem City Pass könnt ihr ihn kostenlos benutzen. Dann fährt er euch einmal um das Hafenbecken, am Strand entlang und hoch zum Hügel La Garde, auf dem die ehrwürdige Basilika Notre Dame de la Garde über die Stadt wacht. Die Einwohner von Marseille nennen sie auch liebevoll „La Bonne Mère“.
Jeder Seefahrer, der in den sicheren Schutz des Hafens zurückkehrte, hat einmal dankbar zur Bonne Mère hochgenickt. Und vielleicht hat er ein Votiv in Form eines Schiffs gebaut, das jetzt im Inneren der neobyzantinisch-romanischen Basilika hängt. Von hier aus hat man einen fantastischen Blick über ganz Marseille und das Meer.
Cathédrale Sainte-Marie-Majeure de Marseille
Sprechen wir über Kirchen, muss auch die größere und eigentlich noch schönere Cathédrale Sainte-Marie-Majeure de Marseille erwähnt werden. Sie liegt am Rand des Viertels Le Panier, in Sichtweite der modernen Museen.
Les Navettes des Accoules
Wird wieder Zeit für einen Snack. Als casse-dalle (Imbiss) für den Nachmittag empfehle ich euch das Signature-Süßgebäck aus Marseille, die Navettes. Übersetzt heißt das Schiffchen – wenn man sich die Form ansieht, ist klar, warum. Frische von Hand gebackene Navettes könnt ihr bei Les Navettes des Accoules am Nordufer des Hafens kaufen oder bei der alteingesessenen Bäckerei Le Four des Navettes am Südufer. Die knusprigen, mit Orangenblütenwasser aromatisierten Kekse eignen sich wegen ihrer guten Haltbarkeit auch super als Mitbringsel.
Brioches, Madeleines und Café bei Lévon Cafétéria Tradition
Tausendmal leckerer sind die Brioches bei Lévon. Nix harte Kekse. Das sind weiche, fluffige Kugeln mit cremiger Füllung und Toppings: Kinder Bueno, Pistazie-weiße Schokolade, Kinder Country, Karamell, Erdbeere… Man könnte es Berliner nennen, aber das wird der Sache nicht gerecht. Diese Art von Süßkram mag ich am liebsten von allem, weit vor Fruchtgummi, Keksen, Eiscreme oder reiner Schokolade. Weiches Gebäck mit Zeug. So herrlich. Ich habe eine Brioche vor Ort gegessen und mir zwei fürs Hotelzimmer mitgenommen. Bekommt man in einer stylischen Faltschachtel.
Lévon hat sich außerdem auf Madeleines spezialisiert, es gibt auch ein herzhaftes Tagesangebot (Risotto, Lasagne…) und natürlich alle erdenklichen Kaffee-Variationen. Aber das Geilste sind einfach diese Brioches.
Kein Wunder, dass Lévon auf Instagram gerade der heiße Scheiß ist. Nicht zuletzt liebe ich das Farbkonzept aus Dunkelgrün, Weiß und Gold mit den Terrazzo-Elementen.
Café 7VB Marseille
Wo wir gerade beim Thema Kaffee sind, 7VB Marseille wurde online ziemlich gelobt. Also bin ich hin. Ich sage mal: joa. Es ist der übliche Kaffeehipster-Kram mit Monovariety Grand Cru Bohnen, die grammgenau gemahlen, gelevelt und getampt werden, bevor sie ein Soziologie-Student in die vorgewärmte Brühgruppe klemmt. Natürlich auf keinen Fall schlecht, aber man kennt das Konzept inklusive Metro-Fliesen an der Wand, handgeschriebenen Tafeln und Pflanzen in Makramee-Hängeampeln.
Außerdem war der Laden vollgestopft mit Studenten, die sich einen Cappuccino holen und damit sowie mit ihrem Laptop dann für vier Stunden einen Sitzplatz blockieren. Naja gut, in Marseille kann es sein, dass sie wirklich kein Zuhause haben.
Das Beste war tatsächlich das schon erwähnte Lookbook über Bars und Restaurants in Marseille, in dem ich Linguine-Schnuckelchen gefunden habe. Auf dem Foto oben könnt ihr das Buch erahnen.
La Canebière, die Repräsentierstraße von Marseille
Von der Stirnseite des Hafenbeckens aus kommt man gleich auf die Canebière, die Repräsentierstraße von Marseille. Hier ist das Office de Tourisme, wo man den City Pass erwerben kann, außerdem der Palais de la Bourse und einschlägige Geschäfte. Auch der Fanshop des Olympique Marseille ist hier zu finden, wo ich ein OM-Shirt für meinen Dad gekauft habe. So schwer Papageschenke sonst auch sind, Marseille ist dafür ein echter Hotspot.
Maison Empereur, das historische Haushaltswarengeschäft in Marseille
Wenn man von der Canebière aus rechts in eine der vielen Seitenstraßen abbiegt, findet man dort das Maison Empereur, ein riesiges Haushaltswarengeschäft. Es gleicht eher einem Museum mit den alten Holzmöbeln und der verwinkelten Architektur. Dementsprechend ist Fotografieren dort auch verboten 😬
Ansonsten aber ein echtes Paradies für Foodfotografen: Backformen in allen Größen und Formen, sei es für Cannelés oder Madeleines, Butterstempel, Schneckenpfännchen, Leinentücher, französisches Porzellan, gusseiserne Pfannen, generell alles von Le Creuset…
Pastis am Hafen bei La Caravelle
Nun wird es langsam Abend in Marseille. Höchste Zeit, mit Blick auf den allgegenwärtigen Hafen einen Pastis zu trinken. Ich hatte mir dazu die Bar La Caravelle ausgesucht, es gibt aber noch viele andere geeignete Locations. Da ich ihn anfangs für den Kellner hielt, er aber nur rumstand und ich ihn deswegen ein bisschen beschimpft hatte, habe ich Rémy kennengelernt. Wie sich herausstellte, war er der Kumpel vom Chef, der gerade einen besonders schwierigen Cocktail mixte und deswegen nicht da war. Okee…
Jedenfalls war an Rémy definitiv ein Kellner verloren gegangen, da er mir ein Pastis-Mischgetränk nach dem anderen hinstellte. Das braune da unten heißt Gasoil, also Diesel. Was bei uns Bier mit Cola ist, ist in Marseille natürlich: Pastis mit Cola. Ziemlich schnell waren wir in deepe Gespräche vertieft und Rémy hat am Ende seine Zigarette im noch halb vollen Schälchen mit Erdnüssen ausgedrückt. Ich glaube, das ist meine liebste Art, zu reisen.
Um den Kreis zu schließen, seht ihr auf dem rechten oberen Bild, neben dem Gasoil, den eingangs erwähnten Mann mit dem OM-Schal. Eigentlich wollte ich ein Foto vom historischen Karussell an der Canebière machen und war zuerst verärgert über diesen Kerl, der da vor dem Karussel stand, einen bekannten Chanson von Joe Dassin mitsang und dazu hingebungsvoll tanzte. Aber retrospektiv war es der beste Moment in Marseille. Hört es euch an: Et si tu n’existais pas…
Reisen… Frei sein… Meine kleinen Abenteuer erleben… Frankreich. Es macht mich so glücklich.
Nina schreibt
Meine Fresse, Vera!! Wo ist denn das potthässliche Marseille geblieben, wo ich vor 20 Jahren mal war?? Also, eine Bouillabaisse würde ich selbst nicht essen, wenn man MIR 60 Euro zahlt, aber bei dem ganzen Süßkram wär ich dabei! Ich kann mich gar nicht satt sehen an deinen Fotos. Bitte mehr Städte- und Landschaftsfotos von dir, da kann man so viel lernen. Am besten gefällt mir das von Le Panier mit den bunten Häusern, wo du links noch die gelbe Fassade mit Laterne integriert hast, und der Blick auf die Stadt mit dem Türmchen und der Treppe rechts. Einfach perfekt! Vordergrund macht Bild gesund, ich weiß, aber ich in der Praxis habe ich da irgendwie immer ein Brett vorm Kopf. Vielen Dank, ich habe diesen Post sehr genossen :)!
Liebe Grüße, Nina
Vera schreibt
Hi liebe Nina,
vielen Dank!! Freut mich riesig, dass du Spaß hattest. Den Vergleich zu früher habe ich leider nicht, aber man hört das tatsächlich oft – dass Marseille sich so richtig gemacht hat.
Außerdem hast du mich ja schon ertappt, ich konnte die Werbefotografin in mir nicht unterdrücken und habe Marseille mit diversen Fototechniken bewusst gut dastehen lassen 😉 Du als Pro analysierst es knallhart, andere denken nur: „Oh wie schön ist Marseille“ 😀
Aber hey, das ist es auch wirklich. Photoshop ist nicht zum Einsatz gekommen, ich schwöre.
Alles Liebe!
Shadownlight schreibt
Danke für die tollen Einblicke!
Frohen Ostermontag :).
Vera schreibt
Ganz lieben Dank! Freut mich, dass dir der Artikel gefallen hat. Ich habe schon wieder Sehnsucht nach Frankreich 🙂
@frau.suessschnabel schreibt
Liebe Vera,
eeeeendlich habe ich es geschafft Deinen wundervollen Post über Marseille zu lesen. Hab schon mehrfach angefangen wurde aber ständig daran gehindert, in einem Rutsch zu lesen. Dann fiel mir auch noch eine Weinflasche auf die Nase – Pastis wäre passender gewesen 😂🤣
Oh ja, ich weiß genau, was Du mit Gabriel-Moment meinst 😁
Deine Reise durch Marseille hat mir definitiv eine vergnügliche Zeit bereitet und jetzt hab ich richtig Lust auf was Süßes 😁😁 Außerdem würde ich niemals Berliner zu diesen Köstlichkeiten sagen – wenn dann höchstens Krapfen 😜
Deine Fotos waren wieder ein Traum!!!
Alles Liebe,
Melanie 🤍😘
Vera schreibt
Hi liebe Melanie,
1000 Dank du Süße 😘 Der Artikel ist ja auch ein bisschen lang, aber wie sagt man: Quand on aime, on ne compte pas (les mots). Freut mich riesig, dass Du Spaß hattest!
Hahaha what 😂 Oh je, Du Arme… Das hat bestimmt weh getan. Ich hoffe, Deiner Nase geht es wieder gut? Und war es der Wein dann wenigstens wert? Irgendwie muss ich jetzt an Gérard Depardieu denken und stelle mir vor, dass es bei ihm 1:0 für seine Nase ausgegangen wäre. Flasche liegt heulend und zerbrochen am Boden. Aber so gut ausgestattet wie er sind wir nasentechnisch wohl alle nicht.
Ja, oder? Brioche, Berliner, Krapfen… Eigentlich ist es ganz egal wie das Zeug heißt, wir wollen es 😍
Drück Dich ❤️
PlacesofJuma schreibt
Was für schöne Impressionen! Ganz ehrlich, ich dachte nicht, dass diese Stadt so hübsch ist.
liebe Grüße – Martina
Vera schreibt
Liebe Martina,
vielen Dank! Das freut mich sehr, dass ich dir die schönen Seiten von Marseille näherbringen konnte 🙂
Liebe Grüße
Vera