…oder auf deutsch: Liebe mich, wenn du dich traust. Einer meiner liebsten Filme, weil er so verrückt, einzigartig, seltsam, romantisch, grausam, lustig und traurig zugleich ist. Dabei ist dieser Film immer noch eher ein Insidertip und ich schätze mal, dass ihn einige von euch noch nicht kennen.
Die kleine Sophie (Marion Cotillard) ist die Neue in der Klasse. Die anderen Kinder beschimpfen sie als „Dreckspolackin“ und werfen ihre Schulhefte in eine Pfütze. Der einzige, der zu ihr hält, ist Julien (Guillaume Canet). Aber auch ihm geht es nicht gut. Seine Mutter ist todkrank.
Julien schenkt Sophie zur Aufmunterung eine bunte Spieldose aus Blech, die er von seiner Mutter bekommen hat. Weil ihm diese Spieldose aber viel bedeutet, möchte er sie hin und wieder zurückhaben. Sophie ist ein wenig empört, dass das Geschenk gleich mit einer Einschränkung verbunden ist, und will dass Julien ihr zeigt, wie wichtig diese Dose wirklich für ihn ist. Daraufhin löst Julien die Handbremse des parkenden Schulbusses. Er bekommt die Dose.
Nun geht ein Spiel los, das harmlos beginnt und sich aber immer weiter steigert. Cap ou pas cap? Die Wetten werden immer gewagter und die Dose wandert zwischen Julien und Sophie hin und her. Sophie bekommt die Dose für lauthals im Unterricht geäußerte Obszönitäten, Julien bekommt sie zurück dafür, dass er vor den Augen des Schuldirektors in dessen Büro auf den Boden pinkelt. Die beiden werden älter, das Spiel geht weiter. Nachdem Sophie in der mündlichen Matheprüfung mit ihrem BH über dem Pulli antritt, gehört die Dose ihr. Julien schnappt sich nach der ersten Liebesnacht mit seiner Freundin (nicht Sophie) deren Ohrringe und schenkt sie Sophie. Die beiden brechen fast jedes Tabu, aber eines trauen sie sich nicht: Sich gegenseitig ihre Liebe einzugestehen. Selbst als beide mit einem jeweils anderen Partner verheiratet sind, halten sie weiter an ihrem Spiel fest. Sophie lässt Juliens Hochzeit fast platzen und Julien lässt fast zu, dass Sophie von einem herannahenden Schnellzug überfahren wird. Ganz zum Schluss kommt kurz die Illusion auf, dass sich die beiden endlich finden. Sie stehen einander händchenhaltend gegenüber, ihre Gesichter nähern sich. Aber die Kamera schwenkt heraus: Die Baugrube, in der die beiden stehen, wird in diesem Moment mit Beton zugeschüttet.
Dieser Film ist fantastisch. Ich gestehe, ich erfreue mich immer wieder an den ausufernden, gesellschaftsfeindlichen, zum Teil perversen Wetten von Julien und Sophie. Man weiß: Es wird immer gemeiner. Dies hat für mich beim ersten Sehen einen großen Teil der Spannung ausgemacht. Und gerade das bösartige Ende sichert die Qualität des Films: Die Kitschgefahr wird dadurch wirkungsvoll gebannt und die kleine sadistische Ader in fast jedem von uns, die nach quälender Romantik schreit, wird voll und ganz befriedigt.
Aber auch friedliebendere Menschen mit einem strengen Moralempfinden können diesen Film lieben. Die Bilder, die Musik, das alles ist so eigenartig und wunderschön, dass die fabelhafte Welt der Amelie zum Teil nicht dagegen ankommt. Die Mischung von Traurigkeit, überschäumender Fantasie und Witz verleiht dem Film eine Tiefe, die den Zuschauer sofort gefangen nimmt. Yann Samuel hat diesem Film durch die Tonung der Farben, den Wechsel der Erzählperspektive und fast schon surrealistische, comicartige Einschübe und Kommentare des Off-Sprechers eine ganz eigene, dichte Atmosphäre verliehen.
Aber so sehr man auch anfangs lachen muss über die beiden unangepassten Kinder: Sie vergessen, wo das Spiel aufhört und psychische Verletzung beginnt. Im Endeffekt ist dieser Film eine tragische Erzählung über die Grausamkeit der Liebe.
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